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Wer weiss, wofür es gut ist?!

Autorenbild: AnneleAnnele

Aktualisiert: 28. Jan.

Dieser oft so banal klingende Satz, hat sich tief in meinem Unterbewusstsein verankert. Eine liebe Freundin hat ihn mir gesagt wissend, dass er banal klingt. Doch er stimmt eben! Dieser Satz bringt das Vertrauen zum Ausdruck, dass Dinge die uns im Leben widerfahren, einen Sinn und ein Ziel haben. Auch wenn dieser Sinn in dem Moment, an dem man an einer unfassbar lang erscheinenden Strasse steht, nicht erkennbar ist.

Schön dass du wieder da bist! Wir wollen dich auf unserem Blog nicht "nur" an unseren Reisen in der Welt, sondern gerne auch an unserer "Lebensreise", unseren Freuden, unserem Hadern und Ringen, unseren Erfolgen und Tiefschlägen, teilhaben lassen. Wir erleben die "sozialen Medien" häufig als Plattform, auf der das Positive, das Schöne und Leichte im Vordergrund stehen muss. Schöne Bilder, heitere Menschen, positive Botschaften. Schwieriges, Herausforderungen, Krankheit und Nöte werden oft relativiert oder garnicht thematisiert. Wir finden das total schade! Denn diese Erfahrungen gehören doch ebenso zum Leben. Krisen, Kriege und Krankheiten prägen die Nachrichten und den Alltag von uns allen auf die eine oder andere Weise. Dies hier zu thematisieren bedeutet nicht, dass wir den Blick auf das Schöne, das Heitere nicht schätzen. Doch die andere Seite ist eben auch eine Realität, die wir nicht ausblenden wollen und können.


Wir haben in unserem Leben schon so viel unglaublich Schönes sehen und erleben dürfen! Dafür sind wir ewig dankbar! So viele Länder durften wir bereits bereisen, fremde Kulturen kennenlernen und atemberaubende Landschaften und deren Tierwelt geniessen. Wir tragen diese Erfahrungen als grossen Schatz tief in unseren Herzen und geben die Hoffnung nicht auf, dass wir noch viele solcher Reisen (hoffentlich bald mit unserem "neuen Gefährt") machen dürfen.

Tatsächlich erfahren wir aber, besonders zur Zeit, dass das Leben eben auch eine sehr herausfordernde, für uns schwere Seite hat. Ja, wir wollen in diesem Blog und eben auch in diesem Beitrag, bewusst alle Facetten unseres Lebens zum Ausdruck bringen. Er ist auch der verzweifelte Erklärungsversuch an alle, die auf die eine oder andere Weise, seit Langem oder Kurzem, mit uns unterwegs sind... Ein Versuch zu zeigen, warum wir nicht mehr dieselben sind, nicht mehr so "präsent" sind, wie vor unserer Erkrankung, Danke dir schon an dieser Stelle fürs Lesen und Anteilnehmen!


Wir denken sehr oft in der letzten Zeit an Zeilen aus Michael Endes "Momo", die ihr Beppo der Strassenkehrer mit auf den Weg gibt: "Weisst du Momo, man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten."

Wir haben es im letzten Beitrag schon angetönt: Durch unsere Long-Covid-Erkrankung sind wir auf sehr radikale Weise gezwungen, im "Jetzt" zu leben. Einfach weil es garnicht mehr anders geht. Wir "funktionieren" nicht mehr, leisten nicht mehr wie es erwartet wird. Das "Leben im Jetzt" ist etwas, das in unserem hektischen Leben oftmals untergeht. Seit nun bald 2 Jahren bleibt uns nicht anderes übrig als genau das, oft sehr schmerzlich, zu lernen. Wir, besonders Cornelia, waren auch schon vor unserer Covid-Infektion immer wieder mit (teils chronischer) Krankheit konfrontiert. Doch Corona fordert uns auf einer Ebene heraus, die wir bisher nicht kannten... Es ist uns sehr bewusst, dass das Thema Pandemie nach 3 Jahren und der x-ten Welle nicht mehr beliebt ist. Wir können aber unseren Blog nicht authentisch schreiben, wenn du nicht um unser "davon betroffen sein" weisst...

Mit Long-Covid konfrontiert sind meist Menschen, die wie wir, einen leichten bis mittelschweren Verlauf der Infektion hatten. Sie funktionieren nach der Akutphase noch eine Weile "normal", sind arbeitstätig, bis dann der Zusammenbruch kommt. So war es auch bei uns. Seither gibt es bessere und schlechte Phasen, doch gesund sind wir bis heute, bald 2 Jahre nach unserer Infektion, nicht. Das schlimmste an dieser Erkrankung für uns ist, dass sie nicht sichtbar ist. Nicht für die Gesellschaft und nicht für unser Umfeld. Wir haben nicht beide genau dieselben Symptome, doch ich erspare dir an dieser Stelle eine Differenzierung. Tatsächlich funktionieren wir trotz unserer Beschwerden in den meisten Situationen in denen wir für unsere Mitmenschen sichtbar sind, "normal". Den Preis für dieses Funktionieren zahlen wir mit sogenannten "Crashes" danach, bzw. teils auch schon währenddessen. Wir sind dann gezwungen, ein Gespräch zu beenden, oder bei der Hälfte der Einkaufsliste den Einkauf abzubrechen, Ein "Crash" bedeutet ein Zusammenbruch aller für uns wichtigen "Funktionen" in Folge Überforderung. Das einzige das dann noch hilft ist "nichts zu tun". Nur Ruhe, Schlaf und gezielte Meditation können die Symptome lindern.. Wir mussten lernen unsere Ressourcen zu kennen und mit ihnen zu haushalten, Wenn wir gerade einen guten Tag haben und zuviel tun, bekommen wir postwendend die Quittung. Doch wenn wir "nur" unsere körperliche Gesundheit in den Vordergrund stellen würden, so müssten wir uns vollständig abschirmen und uns ausschliesslich schonen. Wir dürften kaum mehr aus dem Haus gehen, keine sozialen Kontakte mehr pflegen, keine Medien konsumieren, keinen Aktivitäten mit Bewegung mehr nachgehen, keine kulturellen Anlässe mehr besuchen und keine Blogbeiträge schreiben. Wir hätten auf keinen Fall unsere Hochzeit feiern dürfen, die uns danach Wochen ausgeknockt hat. Doch was wäre das für ein Leben? Eines das nicht lebenswert und auch nicht lebbar ist. Denn wer kann schon ohne den Lebensmitteleinkauf oder soziale Kontakte überleben? Wir schöpfen so viel Kraft gerade aus den Begegnungen mit anderen Menschen. Und so versuchen wir weiterhin der Isolation zu entkommen.

Der Preis ist hoch. Doch was ist die Alternative? Du kannst dir das nicht vorstellen? Tatsächlich äussert sich das so: Alltagstätigkeiten wie einkaufen, kochen und putzen, ein Treffen mit Freunden oder Familie, eine Autofahrt (oder beides zusammen), ein Arzt- oder Restaurantbesuch und wir liegen am nächsten Tag und wenn es ganz schlecht läuft auch die folgenden Tage flach. Sind dann unfähig unseren Alltag zu bewältigen aufgrund einer bleiernen körperlichen Erschöpfung, die mit nichts vergleichbar ist, was wir bisher an Erschöpfung kannten, der sogenannten "Fatique". Wir fühlen uns benebelt, wie narkotisiert, unser Gedächtnis lässt uns im Stich, wir müssen uns jede Kleinigkeit aufschreiben, sind unfähig klar zu denken oder uns auszudrücken, in Verbindung mit massiven Kreislaufproblemen (sogenannter "Brainfog"). Atemnot, Kopf- und Muskelschmerzen, Sehstörungen, Missempfindungen an Armen und Beinen, massive Blutdruckschwankungen und Herzrasen sind die Folge eines Crashs. Wir werden permanent getriggert durch Dinge, die für einen gesunden Menschen vollkommen normal sind: Musik, Gespräche, Strassenlärm, das Bewegen zwischen vielen Menschen in der Stadt, manchmal sogar das Zwitschern der Vögel im Wald. Leider funktioniert unser Reizfilter nicht mehr richtig. Ich gehe mittlerweile fast nur noch mit Kopfhörern aus dem Haus, welche die Umgebungsgeräusche grösstmöglich abschirmen.

Und natürlich stellen sich, je länger die Erkrankung andauert, auch Existenzängste ein. Wie geht es weiter? Verliere ich meinen Job wenn ich so lange krank bin? Kann ich einen Arbeitsversuch bewältigen und was, wenn nicht? Das klingt total verrückt in deinen Ohren? Ja, in unseren auch. Zu allem Übel stossen viele Betroffene auf Ärzte, die kaum informiert sind, kein Fachwissen und Verständnis haben. Schnell ist man dann "geliefert" weil man als psychisch krank abgestempelt wird. Zum Glück aber gibt es auch engagierte Mediziner, die Organschäden am Gehirn und am Herzen, Gerinnsel und Veränderungen im Blut uvm. feststellen. Long-Covid IST sichtbar, wenn Ärzte eine umfassende Diagnostik betreiben und hinsehen WOLLEN. Diese Ärzte bestätigen uns, dass Menschen mit Long-Covid schwer krank sind. Doch leider muss man diese Mediziner noch immer suchen. Ein Kraftakt den sich eigentlich kein*e Betroffene*r leisten kann. Die Gefahr, dass diese Erkrankung chronisch wird und nicht mehr ausheilen kann, wird grösser je länger geeignete Therapien und Medikamente auf sich warten lassen. Ein Wettlauf mit der Zeit für uns und alle Betroffenen...

Fakt ist: Die Forschung zu Long-Covid steckt, auch im 3.Jahr der Pandemie, noch in den Kinderschuhen. Und das auch, weil es viel zu wenig Geld für Studien gibt. Für uns unfassbar, unbegreiflich. Hunderttausende Betroffene in Deutschland und der Schweiz, Millionen Betroffene weltweit werden einfach alleine gelassen. Und da Betroffene in aller Regel über lange Zeit arbeitsunfähig sind, so auch wir, droht früher oder später der soziale Abstieg. Wie kann das sein in reichen Sozialstaaten wie Deutschland und der Schweiz?

Ja, es gibt faktisch noch kaum Therapieansätze geschweige denn gezielt wirkende Medikamente. Es gibt schon vielversprechende Heilerfolge, beispielsweise mit dem Verfahren einer besonderen Form der Blutwäsche. Ich befinde mich gerade in einer solchen Therapie. Diese experimentellen Verfahren werden nicht von der Krankenkasse übernommen, da die Beweise durch die Forschung fehlen. Doch wie sollen auch Beweise da sein, wenn Studien bei einer neuen Erkrankung nicht gefördert werden ?! Wir freuen uns sehr, wenn du Hirschhausens Reportage zu Long-Covid schaust und mit anderen teilst! Sie ist erschütternd und sehr sehr sehenswert!

Auch wir gehören zu den Betroffenen. Wir sind genau die Gruppe Menschen, die es am häufigsten trifft. Frauen im mittleren Alter... Das Thema Long-Covid ist nach wie vor in unserer Gesellschaft viel zu wenig präsent! Unseren Teil dazu hoffen wir heute dazu beigetragen zu haben. Auch wenn das für mich nun mindestens einen Tag im Bett bedeutet. Das Verfassen dieses Beitrags hat ewig gedauert. Ich musste viele Pausen machen, früher habe ich so etwas in ein paar Stunden "runtergeschrieben"... Heute unmöglich. Aber es war uns so sehr wichtig mit dir zu teilen, wie es uns geht, wo wir stehen. Nicht zuletzt in der Hoffnung, dass dieser Beitrag irgendetwas Positives bewirkt und dir vielleicht ein Stück erklärt, was mit uns los ist... Ja der Herbst und Winter machen uns Bauchschmerzen. Die Vorstellung uns nochmal anzustecken, jagt uns Angst ein.

Doch wir versuchen die Hoffnung darauf nicht aufzugeben, dass das alles für irgendetwas GUT sein wird. Und wir danken dir, wenn du mit uns daran glaubst! Nicht zuletzt gibt uns unser neues "Busausbau-Vanlife-Projekt" eine neue Perspektive. Wir freuen uns unglaublich darauf, auch wenn wir noch nicht wissen, wie wir das kräftemässig stemmen werden. Beppo der Strassenkehrer rät:

"... man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten. Schritt - Atemzug - Besenstrich." Das wollen wir uns immer wieder neu zu Herzen nehmen...


Wir sind sehr sehr dankbar für all diejenigen, die uns in dieser für uns sehr herausfordernden Zeit schon über so lange Zeit begleiten. Danke für euer mitfühlen, euer Verständnis, euren Zuspruch, eure aktive Hilfe, eure guten Gedanken und Gebete, danke für alle Unterstützung. Das ist für uns alles andere als selbstverständlich... <3

Uuuunglaublich dankbar sind wir auch für unsere Lio. Sie ist der Grund, dass wir jeden Tag, wenigstens kurz, gezwungen sind uns die Sonnenstrahlen ins Gesicht scheinen oder Regentropfen auf den Kopf tropfen zu lassen, Sie ist in den letzten 1,5 Jahren von einer quirligen Hippelliese zu einer entspannten Dame gereift. Manchmal denken wir insgeheim "oder vielleicht hat sie auch Long-Covid" ;)

Wir empfehlen dir an dieser Stelle auch gerne unseren letzten Beitrag "Wir sind wieder da!" (siehe Beitragsliste unten). Die Kommentarfunktion zu diesem Blog findest du unter der Beitragsliste :)


Hilfreiche Links für Betroffene:


Long Covid Netzwerk Deutschland: https://longcoviddeutschland.org

Altea - Long Covid Netzwerk Schweiz: https://www.altea-network.com

Long Covid Deutschland (Facebook): https://www.facebook.com/groups/longcoviddeutschland/


Alles Liebe geht raus zu dir von den: CALIs!




2 Comments


chrisi.ebert
Sep 22, 2022

Hallo Ihr Lieben,

Sehr gelungener Block.

Ich fühle so mit euch und ich ziehe den Hut ,da ich selbst weiß wie anstrengend und energieraubend allein schon der Alltag mit Longcovid sein kann.


LG Christiane


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CALI
CALI
Sep 22, 2022
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Wir ziehen vor DIR den Hut liebe Christiane! Danke für deine Worte :-*

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